Mag Ralf Wittig überprüft den Zustand des Reliefs

Stift Zwettl und Fi­scher von Erlach

Jo­hann Bern­hard Fi­scher von Er­lach er­hielt nur we­ni­ge Auf­trä­ge sei­tens der ös­ter­rei­chi­schen Stif­te. Lie­ber als dem Wie­ner „Star-Ar­chi­tek­ten“ ver­trau­ten die geist­li­chen Auf­trag­ge­ber ihre Bau­stel­len den in St. Pöl­ten an­säs­si­gen Ti­ro­lern Ja­kob Prand­tau­er und Jo­seph Mung­gen­ast an. Und das nicht ganz un­be­rech­tigt: Die im Zuge der Mo­der­ni­sie­rung des Stif­tes Her­zo­gen­burg er­stell­te Trep­pen­an­la­ge aus dem Jahr 1718, Fi­schers ein­zi­gem Auf­trag für ein Klos­ter, muss­te be­reits 1751 wie­der ab­ge­bro­chen werden…

Doch un­be­ein­druckt blieb man auch in Zwettl nicht von den mo­der­nen Ge­stal­tun­gen Fi­schers. Die schmu­cken Fas­sa­den der „Ri­sa­li­te“ (Ge­bäu­de­vor­sprün­ge) im Ab­tei­hof zi­tie­ren die Fas­sa­de des Wie­ner Pa­lais Traut­son, das auf Plä­ne Fi­schers von Er­lach zu­rück­geht. Be­son­ders un­ge­wöhn­lich ist die über­nom­me­ne Dop­pe­lung der „Pi­las­ter“ (der rein in Stuck ge­ar­bei­te­ten Säu­len ohne tra­gen­de Funk­ti­on) in der Fassadenmitte.

Auch Fi­schers wich­tigs­tes Druck­werk, der 1721 er­schie­ne­ne „Ent­wurff ei­ner His­to­ri­schen Ar­chi­tec­tur“, ist im his­to­ri­schen Zwett­ler Bi­blio­theks­be­stand ver­tre­ten. Lei­der wur­den aus dem kost­ba­ren Buch, das lan­ge Zeit auf den zen­tra­len Ti­schen der Ba­rock­bi­blio­thek prä­sen­tiert wur­de, bei­na­he alle Kup­fer­sti­che her­aus­ge­schnit­ten. Für Lieb­ha­ber al­ter Bü­cher ein her­ber Schlag!

Ein bis­lang un­ent­deck­tes Werk Fi­schers von Erlach?

Als im Jahr 1697 das Gna­den­bild Ma­ria Pötsch aus Un­garn (das Ma­ri­en­bild hat­te auf wun­der­sa­me Wei­se Trä­nen ver­gos­sen) nach Wien über­tra­gen wur­de, prä­sen­tier­te man es zu­vor in der Kir­che Ma­ria am Ge­sta­de. Die für die­se Fes­ti­vi­tä­ten ge­schaf­fe­ne De­ko­ra­ti­on mit stark thea­tra­li­schen Ef­fek­ten – so schwebt Gott­va­ter in Wol­ken – er­in­nert mit ih­rer ar­chi­tek­to­ni­schen Spra­che an do­ku­men­tier­te Wer­ke Fi­schers. Ein Kup­fer­stich in der Zwett­ler Stifts­bi­blio­thek, der den Fest­pre­dig­ten bei­gebun­den ist, könn­te den Hin­weis lie­fern auf ein bis­lang un­be­kann­tes Werk Fi­schers von Erlach.

In­dex zu den an­ge­ge­be­nen Quellen:

In­ven­tar 1786: Stifts­ar­chiv Zwettl Lade 32-I‑6; Ent­wurff ei­ner His­to­ri­schen Ar­chi­tec­tur: Stifts­bi­blio­thek Zwettl 98/1a; Fischer/ Del­sen­bach: StiBZ 771/4; Loch­ner, Ab­ge­trock­ne­te Thrä­nen (mit Pre­dig­ten von J.E. von Ja­mai­gne und Abra­ham a S. Cla­ra): StiBZ II 10.107 (VIII/g).

Text: Dr. An­dre­as Gamerith

Foto: Vor dem Ab­trans­port wird der Zu­stand des Re­li­efs von Re­stau­ra­tor Mag. Ralf Wit­tig noch­mals fach­kun­dig über­prüft. ( Foto Stift Zwettl)