Sen­sa­ti­ons­fund — Stift Zwettl: Tei­che sind äl­ter, als bis­her geglaubt

Stifts­ar­chi­var An­dre­as Ga­me­rith und Leo Kirch­mai­er (Teich­wir­te­ver­band) be­rich­ten über Fund von Auf­zeich­nun­gen über ers­te Tei­che aus dem Jahr 1141 in der „Bä­ren­haut“, dem Grün­dungs­buch des Stifts.

Im Rah­men von wis­sen­schaft­li­chen Re­cher­che­ar­bei­ten des NÖ Teich­wir­te­ver­ban­des stieß man in der Zwett­ler Stifts­bi­blio­thek per Zu­fall auf bis­her un­be­ach­te­te Hin­wei­se zu frü­hes­ten For­men der Teich­wirt­schaft in Nie­der­ös­ter­reich. Die bis­lang ers­te Teich­nen­nung aus der Zeit um 1280 rück­te da­mit zeit­lich ge­se­hen um über ein Jahr­hun­dert wei­ter nach „vor­ne“ in die Mit­te des 12. Jahrhunderts.

„Zur Do­ku­men­ta­ti­on der ge­schicht­li­chen Aspek­te der Teich­wirt­schaft habe ich eine An­fra­ge an den Zwett­ler Stifts­bi­blio­the­kar An­dre­as Ga­me­rith ge­stellt. Ich er­such­te ihn, die bis­her in der Li­te­ra­tur viel­fach ge­nann­te ers­te Teich­nen­nung beim Wirt­schafts­hof („Gran­gie“) der Zis­ter­zi­en­ser in Rat­schen­hof mit Be­zug auf das Jahr 1280 nä­her zu un­ter­su­chen“, sagt Leo Kirch­mai­er, Ge­schäfts­füh­rer des NÖ Teich­wir­te­ver­ban­des. „Da­bei er­ga­ben sich Hin­wei­se auf eine mög­li­cher­wei­se weit ins 12. Jahr­hun­dert zu­rück­rei­chen­de Tra­di­ti­on der Fisch­zucht im Wald­vier­tel“, schil­dert Kirch­mai­er be­geis­tert wei­ter. Aus­ge­rech­net die be­rühm­te „Bä­ren­haut“, das Stif­tungs­buch des Klos­ters Zwettl aus dem frü­hen 14. Jahr­hun­dert, könn­te da­für Be­le­ge liefern.

„Wei­her“ in Auf­zeich­nun­gen über Strei­tig­kei­ten im Stiftgründungsbuch

Bei der Schil­de­rung ei­nes Kon­flikts mit dem Pfar­rer Pil­grim von Zwettl, ei­nem Bru­der des Stif­ters Had­mar I. von Kuen­ring, zwi­schen 1141 bis 1144, wer­den Strei­tig­kei­ten um die Gran­gie Rat­schen­hof nä­her be­leuch­tet. Pil­grim hat­te dem ers­ten Abt Her­mann vor­ge­schla­gen, ihm Gü­ter des Klos­ters zum bes­se­ren Aus­bau auf Le­bens­zeit zu über­las­sen. Den Rat­schen­hof ver­sprach er nach al­len Ma­ßen groß­zü­gig aus­zu­bau­en, hin­sicht­lich der Obst­gär­ten, der Bie­nen­stö­cke – und nicht zu­letzt hin­sicht­lich der „Vi­va­ri­en“. Hin­ter die­sem la­tei­ni­schen Wort ver­birgt sich die Ur­form des deut­schen Wor­tes „Wei­her“ und da­mit mög­li­cher­wei­se der Hin­weis auf eine der äl­tes­ten For­men von Tei­chen in Mitteleuropa.

„Aus Süd­böh­men tau­chen ers­te Teich­nen­nun­gen in Ur­kun­den aus den Jah­ren 1255 und 1339 auf – im Wald­vier­tel kön­nen wir jetzt even­tu­ell fast hun­dert Jah­re frü­her künst­lich an­ge­leg­te Tei­che nach­wei­sen“, freut sich Kirch­mai­er über die Re­cher­che­ar­beit. Auch die kon­kre­te Stel­le im Grün­dungs­buch, an der die Tei­che er­wähnt wer­den, ist von Be­deu­tung, „denn die Tat­sa­che, dass sie un­mit­tel­bar der Grün­dungs­le­gen­de mit dem Um­ritt folgt, zeigt, dass es sich um eine An­ge­le­gen­heit von höchs­ter Wich­tig­keit han­delt“, sagt Ga­me­rith über die hand­schrift­li­chen Auf­zeich­nun­gen in La­tein. Die Tei­che am Rat­schen­hof wer­den nach wie vor vom Zis­ter­zi­en­ser­stift Zwettl be­wirt­schaf­tet und sind da­mit Zeu­gen ei­ner knapp 900-jäh­ri­gen Geschichte.

Tei­che sol­len als land­wirt­schaft­li­ches Kul­tur­er­be an­er­kannt werden

Der NÖ Teich­wir­te­ver­band war zu­letzt in­ten­siv da­mit be­schäf­tigt, die von der Welt­ernäh­rungs­or­ga­ni­sa­ti­on (FAO) ge­for­der­ten Kri­te­ri­en für die Aus­zeich­nung der Wald­viert­ler Karp­fen­teich­wirt­schaft als GI­AHS – Glo­bal­ly Im­portant Agri­cul­tu­ral He­ri­ta­ge Sys­tem – aus­zu­ar­bei­ten (die NÖN be­rich­te­te). Frei über­setzt kann GI­AHS als „er­hal­tens­wer­tes land­wirt­schaft­li­ches Pro­duk­ti­ons­sys­tem von glo­ba­ler Be­deu­tung“ be­zeich­net wer­den. Die „glo­ba­le Be­deu­tung“ ist da­bei so aus­zu­le­gen, dass es sich um ein Vor­zei­ge­bei­spiel auch für an­de­re Län­der han­delt. Be­wer­tet wird da­bei das Ge­samt­sys­tem aus Land­wirt­schaft, Öko­lo­gie, Ge­schich­te und Kul­tur und es soll durch nach­hal­ti­ges Ma­nage­ment und an­ge­pass­ten Schutz lang­fris­tig er­hal­ten werden.

Son­der­schrif­ten­rei­he be­rich­tet. Der NÖ Teich­wir­te­ver­band hat nun eine Son­der­schrif­ten­rei­he über die Wald­viert­ler Karp­fen­teich­wirt­schaft her­aus­ge­bracht, die auf 100 Sei­ten mit zahl­rei­chen Bil­dern und Li­te­ra­tur­an­ga­ben alle Aspek­te der Wald­viert­ler Karp­fen­teich­wirt­schaft be­leuch­tet. Die Pu­bli­ka­ti­on be­inhal­tet ei­nen deutsch­spra­chi­gen Auf­satz so­wie die eng­lisch­spra­chi­ge Ab­hand­lung der Ein­reich­un­ter­la­gen für das GI­AHS-Pro­gramm der FAO. Da­bei ver­spricht man sich sei­tens des NÖ Teich­wir­te­ver­ban­des eine bal­di­ge po­si­ti­ve Er­le­di­gung durch die FAO. Ver­bands­ge­schäfts­füh­rer Kirch­mai­er hofft, „dass man durch die neu ge­won­ne­nen Er­kennt­nis­se wei­te­re For­schun­gen zu den Wald­viert­ler Tei­chen an­re­gen kann.“

Die Son­der­schrif­ten­rei­he „Wald­viert­ler Karp­fen­teich­wirt­schaft“ kann gra­tis un­ter teich­wir­te­ver­band [at] lk-noe.at be­stellt wer­den. Ver­sand und Spe­sen: 5 Euro.

Text: NÖN Zwettl

Foto Teich­wir­te­ver­band NÖ: Leo Kirch­mai­er und An­dre­as Ga­me­rith mit der “Bä­ren­haut” in der Stifts­bi­blio­thek Zwettl, die Be­le­ge über eine noch frü­he­re Teich­nen­nung in Rat­schen­hof lie­fern könnte.